Social Freezing

In den letzten Jahren hat sich eine neue Technologie entwickelt, die es Frauen ermöglicht, ihre Eizellen einzufrieren und später im Leben zu verwenden. Diese Technologie wird als „Social Freezing“ bezeichnet und hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erhalten.

Die Anthropologin Marcia C. Inhorn aus Connecticut, USA hat eine Studie begonnen, die sich mit der Frage beschäftigt, warum Frauen ihre Eizellen einfrieren. Die Anthropologin stellt fest, dass Frauen, die Social freezing in Anspruch nehmen, gesellschaftlich als egoistisch karriereorientiert oder als Opfer des Patriarchats und leichtgläubigen Betrügern der Fruchtbarkeitsindustrie angesehen würden.

Das Einfrieren von Eizellen würde in akademischen Kreisen oft als eine kalkulierte Handlung von Frauen angesehen werden, um ihre Fruchtbarkeit zu hacken, indem sie sie durch medizinische Eingriffe verlängern.

In diesem Blogbeitrag werden wir uns näher mit Social Freezing befassen und die Vor- und Nachteile dieser Technologie untersuchen und versuchen, darzulegen, was die wahren Ursachen sind.

Was ist Social Freezing?

Social Freezing ist eine Technologie, die es Frauen ermöglicht, ihre Eizellen einzufrieren und später im Leben zu verwenden. Dies wird auch als „Egg Freezing“ bezeichnet. Es gibt verschiedene Gründe, warum Frauen diese Technologie nutzen möchten. Einige Frauen möchten ihre Karriere vorantreiben und später im Leben Kinder haben, während andere aus gesundheitlichen Gründen – z.B. wegen einer Krebserkrankung – Eizellen einfrieren lassen.

Wie funktioniert Social Freezing?

Social Freezing ist ein relativ einfacher Prozess. Die Eierstöcke werden über 10 bis 14 Tage durch Hormonspritzen stimuliert. Dadurch reifen mehr Eizellen als gewöhnlich heran. Sobald die Eizellen herangereift sind, werden durch einen kleinen Eingriff über die Scheide (transvaginal) und mit einer kleinen Narkose etwa 10-15 Eizellen entnommen. Anschließend werden sie unmittelbar in flüssigem Stickstoff schockgefrostet und zur Kühlung bei minus 196 Grad eingelagert.

Auf Wunsch können diese tiefgefrorenen Eizellen später wieder aufgetaut und verwendet werden, um eine Schwangerschaft zu erreichen.

Wie hoch sind die Kosten für das Social Freezing

Die Kosten können je nach Kinderwunschklinik unterschiedlich hoch sein. Sie schwanken zwischen 2.000 bis 4.000 € pro Zyklus plus Medikamentenkosten. Je älter eine Frau ist, umso mehr Zyklen werden benötigt, um eine ausreichende Zahl an Eizellen zu gewinnen. Hinzukommen die Kosten für die Einlagerung der Eizellen mit etwa 300 bis 500 € pro Jahr und die späteren Kosten für die eigentliche künstliche Befruchtung mit nochmals 2.000 bis 4.000 €.

Die Kosten für das Einfrieren von Eizellen oder der Entnahme von Eierstockgewebe zur Fruchtbarkeitserhaltung nach Krebserkrankung sind mittlerweile eine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung. Jedoch gibt es auch hier diverse Auflagen und Einschränkungen, zu denen das Kinderwunschzentrum Auskunft geben kann. Die Übernahme dieser Kosten bei privat Versicherten Patientinnen wird unterschiedlich gehandhabt und sollte im Vorfeld mit dem zuständigen Versicherungsunternehmen abgestimmt werden.

Wie hoch sind die Chancen auf eine spätere erfolgreich ausgetragene Schwangerschaft?

Einer langjährigen Studie des Langone Fertility Centers, New York University aus dem Jahr 2022 zufolge, sind die Chancen, pro Eizelle zu einer Geburt zu kommen, bei etwa 8%, wenn die Frau diese Eizellen mit 30-34 Jahren hat einfrieren lassen. Und wenn sie es viel später hat machen lassen; z.B. mit Anfang 40, sinkt diese Chance auf 2-4%.¹

Die wahren Beweggründe – Mangel an gebildeten Männern

Sind es wirklich nur Karriere- und Bildungswünsche, die zum Einfrieren der Eizellen motivieren? Marcia C. Inhorn kommt hier zu einem anderen Schluss.

Ihrer Einschätzung nach lassen sich die Beweggründe in zwei Kategorien einteilen. Das eine ist die „Paarungslücke“ und das andere ist das, was sie als „reproduktives Warten“ bezeichnet. Durch den Mangel an geeigneten männlichen Partnern werden Frauen mehr oder weniger in diesen Zustand des reproduktiven Wartens genötigt.

Es sind eben nicht die Frauen, sondern die Männer das Problem. Konkret der Mangel an geeigneten und gebildeten Männern. Das wird von ihr auch in ihrem Buch, Motherhood on Ice² als „Mating Gap“ (Paarungslücke) bezeichnet.

Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen, sind in der Regel Single, Ende 30, erfolgreich, gutverdienend, berufstätig und mit hohem Bildungsniveau. Sie suchen den passenden reproduktiven Partner, den sie aber nicht finden können. Das liegt C. Inhorn zufolge auch daran, dass es eine wachsende Kluft gäbe zwischen Männern und Frauen, die in die Hochschulbildung gehen. So gibt es in den USA bei den bis 34jährigen etwa 28% mehr Frauen als Männer mit Universitätsabschluss³; Tendenz steigend. Diese Kluft führt zunehmend zu einem Ungleichgewicht, wenn es darum geht, einen gleichberechtigten Partner zu finden. Diese Bildungslücke ist nicht auf die USA beschränkt.

Männer-als-Partner-Problem

In Fachkreisen wird schon länger darüber diskutiert, dass dieses nicht nur ein Problem ärmerer Länder sei.

Viele dieser gebildeten Frauen bevorzugen eine egalitäre Beziehung, was bedeutet, jemanden mit einem ähnlichen Bildungsniveau zu finden. Aber für diejenigen, die sich auch damit einverstanden erklärten, mit jemandem mit weniger Bildung zusammen zu sein, erwies sich dies dann dennoch nicht selten als Problem, weil die Männer oft vom Erfolg der Frauen eingeschüchtert waren. Deswegen haben mittlerweile einige Frauen in ihren Dating-App-Profilen ihre Bildungsleistungen abgeschwächt, um Männer nicht abzuschrecken, während andere Fachleute eingestellt haben, um ihnen bei ihren Profilen zu helfen.

Die Peter Pans dieser Welt – Männer, die niemals erwachsen werden

Marcia C. Inhorn kommt in ihrer Studie zu der Einschätzung, dass Männer nicht unbedingt auf die gleiche Weise erzogen worden sind, wie die Frauen. Partnerschaft stand nicht ganz oben auf der Prioritätenliste der Männer – die sich nur ungern binden und nicht bereit für die Vaterschaft sind. Und es gibt diejenigen, die einfach nicht wollen, für die sie den Begriff der Peter Pans vergibt. Männer, die niemals erwachsen werden. Es mögen gebildete Männer sein mit Geld und so weiter, aber sie wollen sich nicht festlegen und viel Spaß haben und überhaupt keine Partnerschaft eingehen oder erst, wenn sie weit in ihren 40er oder 50er Jahren sind.

Vorteile von Social Freezing

Es gibt verschiedene Vorteile von Social Freezing. Einer der wichtigsten Vorteile ist die Möglichkeit, die biologische Uhr zu verlangsamen. Frauen, die ihre Karriere vorantreiben oder andere Prioritäten haben, können ihre Eizellen einfrieren lassen und später im Leben eine Familie gründen. Dies gibt Frauen mehr Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit und ermöglicht ihnen, ihre Träume zu verfolgen, ohne auf die biologische Uhr Rücksicht nehmen zu müssen.

Ein weiterer Vorteil von Social Freezing ist, dass es Frauen mit gesundheitlichen Problemen, wie zum Beispiel einer Krebserkrankung, ermöglicht, ihre Fruchtbarkeit zu bewahren. Bestimmte Krebsbehandlungen können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, und Social Freezing kann Frauen die Möglichkeit geben, später im Leben eine Familie zu gründen.

Nachteile von Social Freezing

Es gibt auch einige Nachteile von Social Freezing. Einer der größten Nachteile ist der Kostenfaktor. Social Freezing kann sehr teuer sein, und die meisten Krankenversicherungen decken diesen Eingriff ohne besondere Grunderkrankung nicht ab. Dies kann es für viele Frauen unerschwinglich machen, Social Freezing zu nutzen.

Ein weiterer Nachteil von Social Freezing ist, dass es keine Garantie dafür gibt, dass die eingefrorenen Eizellen später im Leben erfolgreich verwendet werden können. Einige Frauen haben möglicherweise Schwierigkeiten, schwanger zu werden, selbst wenn sie ihre eingefrorenen Eizellen verwenden. Dies kann zu Frustration und Enttäuschung führen.

Fazit

Social Freezing ist eine relativ neue Technologie, die Frauen mehr Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit gibt. Es gibt verschiedene Gründe, warum Frauen Social Freezing nutzen möchten, wie z.B. die Verlangsamung der biologischen Uhr oder die Bewahrung ihrer Fruchtbarkeit aufgrund von gesundheitlichen Problemen. Eine besonders große Rolle spielt jedoch der Mangel an passenden männlichen Partnern.

Im Laufe der Zeit wird das Einfrieren von Eizellen für die Karriereplanung bei Frauen Mitte bis Ende 20 zunehmen, aber Partnerschaftsprobleme werden eine Hauptursache bleiben.

Es gibt auch einige Nachteile von Social Freezing, wie z.B. die hohen Kosten und das Fehlen einer Garantie für eine erfolgreiche Schwangerschaft. Es ist wichtig, dass Frauen, die Social Freezing für sich in Betracht ziehen, sich gründlich über die Vor- und Nachteile informieren und sich von einer erfahrenen Ärztin/Arzt beraten lassen.

Beachtenswert ist auch, dass Social Freezing keine Garantie dafür ist, dass Frauen später im Leben Kinder bekommen werden. Es ist eine Option, die Frauen mehr Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit gibt, aber es gibt viele Faktoren, die eine erfolgreiche Schwangerschaft beeinflussen können.

Insgesamt bietet Social Freezing Frauen eine weitere Möglichkeit, ihre Fruchtbarkeit zu kontrollieren und ihre Lebenspläne zu verfolgen. Es gibt Vor- und Nachteile dieser Technologie, aber es ist wichtig, dass Frauen die Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen, bevor sie sich für Social Freezing entscheiden. Frauen sollten sich auch über die Kosten informieren und sicherstellen, dass sie sich den Eingriff leisten können.

Es bleibt abzuwarten, wie sich Social Freezing in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird. Mit fortschreitender Technologie und medizinischen Fortschritten könnten weitere Optionen zur Verfügung stehen, um Frauen mehr Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit zu geben. Es bleibt jedoch wichtig, dass Frauen ihre Entscheidungen im Hinblick auf Social Freezing gründlich abwägen.

Literaturquellen
Bryant, Miranda, Motherhood on ice: lack of suitable men drives women to freeze their eggs, The Guardian, 23.04.2023

Weiterführende Informationen
Eizellen einfrieren – Kinderwunsch auf Eis, von Nele Rößler und Sophia Wagner | 13.03.2019, Sendung zum Nachhören beim Deutschlandfunk: letzter Abruf: 08.05.2023
Einfrieren von Eizellen, Spermien und Keimzellgewebe bei Krebs – Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums, Stand Nov. 2022 (letzter Abruf: 08.05.2023)

Fußnoten

1
Cascante, Sarah Druckenmiller, et al. „Fifteen years of autologous oocyte thaw outcomes from a large university-based fertility center.“ Fertility and Sterility 118.1 (2022): 158-166
2
Marcia C. Inhorn, Motherhood on Ice: The Mating Gap and Why Women Freeze Their Eggs (Anthropologies of American Medicine: Culture, Power, and Practice)
3
Pew Research Center: WHAT’S BEHIND THE GROWING GAP BETWEEN MEN AND WOMEN IN COLLEGE COMPLETION?, November 5, 2021 https://pewrsr.ch/3n2ZuDn (letzter Abruf 07.05.2023)